Wupperpride e.V.


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Jetzt sind sie wieder sauber – und gut sichtbar!

Mit Wasser, Wiener Kalk – wie „Elsterglanz“ ein bewährtes und gut wirksames Hausmittel! – und Putztüchern ausgestattet, traf man/frau* sich heute zum Putzen von zwei Stolpersteinen für schwule Wuppertaler NS-Opfer.

Wenn wir an „Stolpersteine“ denken, fällt uns diese Gedenkform vor allem im Zusammenhang mit von den Nationalsozialisten entrechteten, vertriebenen und ermordeten Juden und Jüdinnen ein.

Und – es gibt Stolpersteine auch für Opfer der nationalsozialistische Sexualpolitik. Insbesondere in Berlin und Hamburg konnten Lebensgeschichten recherchiert werden, die zu Stolpersteinverlegungen für Schwule und Lesben geführt haben.

Für Wuppertal hat dankenswerterweise Jürgen Wenke aus Bochum die Lebensgeschichten von Alfred Kremer und Paul Paetzel der Vergessenheit entrissen, sodass seit 2011 (Kremer) und 2012 (Paetzel) Stolpersteine an ihre Verfolgung und ihren Tod erinnern.

Jürgen Wenke hat es sich zur Aufgabe gemacht, das wenige noch recherchierbare Material zur Ermordung schwuler Männer aufzuarbeiten und die Ergebnisse seiner Forschungsarbeit anlässlich von Stolpersteinverlegungen zu veröffent­lichen.

Viele Unterlagen und Akten zur Verfolgung von Schwulen (und Lesben) sind mit Kriegsende, gerade auch in Wuppertal, vernichtet worden. Durch den Fortbestand des § 175 und die ununterbrochene Strafverfolgung von gleichgeschlechtlichen Beziehungen zwischen erwachsenen Männern bis 1969 – und bedingt durch das gesetzlich erhöhte Schutzalter gegenüber heterosexuellen Beziehungen sogar bis 1994 – wurden/werden die Lebens- und Leidensgeschichten tabuisiert.

In den letzten Jahren wurde endlich juristischerseits Vieles Menschenrechts- und Gleichheitsgrundsätzen folgend korrigiert.

Damit sind die Leiden der Unrechtsopfer nicht ungeschehen.

Uns bleibt, sich dieser Opfer zu erinnern und sie zu betrauern.

Erinnerung ist möglich, wenn wir von Opfern wissen.

Mühsam konnten für Wuppertal acht Namen homosexueller Männer verlässlich recherchiert werden, u.a durch Rainer Hoffschildt (vgl. Gedenkbuch für die NS-Opfer aus Wuppertal | https://www.gedenkbuch-wuppertal.de). Diese sind auf der Gedenktafel auf dem Mahnmal für die Wuppertaler NS-Opfer im Deweerth-Garten, die am 17. April 2015 eingeweiht wurde, alphabetisch mit gelistet, Alfred Kremer und Paul Paetzel gehören dazu.

Lange ist gleichgeschlechtliches Begehren durch die Brille von „Moralvorstellungen“ ange­schaut und be-/verurteilt worden. Dies führte in Deutschland zu einer repressiven Gesetzgebung, die ihren Höhepunkt 1935 fand.

Am 1. September 1935 verschärften die Nationalsozialisten den § 175, unter anderem durch Anhebung der Höchststrafe von sechs Monaten auf fünf Jahre Gefängnis. Darüber hinaus wurde der Tatbestand von beischlafähnlichen auf sämtliche „unzüchtigen“ Handlungen ausgeweitet. Der neu eingefügte § 175a bestimmte für „erschwerte Fälle“ zwischen einem und zehn Jahren Zuchthaus.

Aber bereits Ende Juni 1935 wurde durch eine Änderung des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ auch die „kriminalpolitisch indizierte Kastration“ homosexueller Männer ermöglicht. Um einer Strafhaft und dem Konzentrationslager (Rosa Winkel) zu entgehen, sahen sich viele verurteilte Homosexuelle gezwungen, die „freiwillige“ Kastration zu wählen. Ab 1942 werden in den Konzentrationslagern auch Zwangskastrationen „legalisiert“.

Es ging darum, Schwule zu demütigen, zu benachteiligen, auszugrenzen und zu pathologisieren. Gewollt war der soziale, wirtschaftliche und körperliche Tod.

Das Bundesverfassungsgericht hat sich 1957 – und auch noch 1973 – den gesellschaftlichen „Moralvorstellungen“ angeschlossen. Die Bekräftigung des § 175 durch das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1957 in seiner NS-Version war schweres Unrecht. Nur weil dieses Unrecht staatlich legalisiert war und der (vermuteten) Mehrheitsmeinung entsprach, wird es nicht richtig.

Es gab eine geschlechtsspezifische nationalsozialistische Sexualpolitik.

Lesben, Frauen, die sich sozial und sexuell nicht über Männer definierten, wurden während der NS-­Zeit totgeschwiegen. Frauen, die sich trotzdem als lesbisch zu erkennen gaben oder als solche identifiziert wurden, wurden u.a. als „Asoziale“ (Schwarzer Winkel) verfolgt und auch getötet. Lesbische Wuppertaler Frauen, die während der NS-­Zeit verfolgt wurden, konnten bisher nicht sichtbar gemacht werden.

Die immer noch und wieder weit verbreitete Homophobie, trotz aller anderslautenden Be­­kennt­nisse, ist genauso eine „Frucht“ der nationalsozialistischen Volksge­mein­­­schaftsideologie wie Antisemitismus, Rassismus, Frauenverachtung und Fremdenfeindlichkeit.

 

Stolperstein Alfred Kremer

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Stolperstein Paul Paetzel

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