Wupperpride e.V.


Unsere Unterstützer:


Go West, Ms Merkel!

Der Kalte Krieg ist lange vorbei. Der Eiserne Vorhang wurde von den Innendekorateuren der Geschichte von der deutsch-deutschen Grenze an die koreanisch-koreanische verlegt. Doch was das Bewusstsein für die Menschenrechte von Lesben und Schwulen angeht, scheinen sich 2013 wieder Abgründe zwischen Ost und West aufzutun, die kaum überbrückbar sind.

Während Präsident Obama bei der Antrittsrede zu seiner zweiten Amtszeit die Rechte sexueller Minderheiten stärker in den Fokus rückte als je ein Staatsoberhaupt bei einem vergleichbaren Anlass zuvor, winkt in Russland die Duma ein Gesetz durch, welches unter dem heuchlerischen Deckmantel des Jugendschutzes unter Strafe stellt, wenn Schwule, Lesben und Transgendereds öffentlich für ihre Rechte eintreten. Nicht nur Pride-Veranstaltungen wie der CSD werden kriminalisiert, auch eine effektive und tabulose AIDS-Aufklärung wird unmöglich gemacht.

Im scharfen Kontrast dazu die Worte Barack Obamas beim feierlichsten Anlass seiner zweiten Amtsperiode:

„Wir sind noch nicht am Ziel, bis unsere schwulen Brüder und Schwestern die gleichen Rechte bekommen wie alle anderen auch, denn wenn wir wirklich alle gleich erschaffen wurden, dann muss auch die Liebe, die wir einander schenken, gleichwertig sein.“

Außerdem verglich der Präsident die Initialzündung der Schwulenbewegung, die Stonewall Riots in der Christopher Street in New York, mit den Protestmärschen der schwarzen Bürgerrechtsbewegung in Selma und dem Beginn der organisierten Frauenrechtsbewegung in Seneca Falls. Es wurde klar: Obama will dafür kämpfen, dass Schwule und Lesben weder eine Minderheit zweiter Klasse noch Bürger zweiter Klasse bleiben.

Und wo steht Angela Merkel? Sie, die in ihrer Jugend in der DDR zwar die Russisch-Olympiade gewann, aber doch vom Grand Canyon träumte? Angela Merkel scheint mit dem Thema Menschenrechte für sexuelle Minderheiten zu fremdeln. Bei all den Zumutungen, die sie dem konservativen Kern ihrer Wählerschaft und Parteigenossen von Atomausstieg bis Kita-Anspruch zugemutet hat, kann man schwer glauben, dass sie die Gleichstellung von Schwulen und Lesben beim Eherecht nur aus politischem Kalkül blockiert. Wenn Frau Merkel bremst, dann bremst sie aus Überzeugung.

Daher hier ein Appell an die Kanzlerin: Schauen Sie nach Westen. Lernen Sie von Obama, nicht von Putin. Beschäftigen Sie sich als Wissenschaftlerin mit den vielen Studien über Regenbogenfamilien. Stehen Sie nicht auf dem Abstellgleis, während der Zug der Geschichte an Ihnen vorüber zieht. Denken Sie an Ihre eigenen Erfahrungen mit einer Gesellschaft, die den Menschen nicht die Freiheiten zugesteht, nach denen jedes Herz sich sehnt. Und tun Sie einfach das Richtige.