Wupperpride e.V.


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„Erinnern heißt handeln!“

Das neu gegründete „Netzwerk für Demokratie und Toleranz“ hatte zu einer Gedenkdemonstration am 9. November 2011 in Wuppertal-Vohwinkel aufgerufen.

Zum Netzwerk gehören Wuppertaler Ratsfraktionen, Kirchengemeinden, Gewerkschaften und viele weitere Gruppen (zB die Wuppertaler Initiative für Demokratie und Toleranz e.V.) und Einzelpersonen.

Mit der Veranstaltung sollte der Pogromnacht vom 9. November 1938 gedacht und ein Zeichen gegen Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus gesetzt werden.

Die Demonstration begann um 17.30 Uhr am Lienhardtplatz unter starkem Polizeiaufgebot. Insgesamt nahmen zwischen 1.500 und 2.000 Menschen teil. Auch Mitglieder von Wupperpride e.V. sind den Weg vom Lienhardtplatz aus über Kaiserstraße und Schillingstraße zurück zum Lienhardtplatz mitgelaufen.

In ihren Ansprachen auf dem Lienhardtplatz gedachten Oberbürgermeister Peter Jung und Superintendentin Ilka Federschmidt (Evangelischer Kirchenkreis Wuppertal) einerseits der Opfer während der nationalsozialistischen Diktatur, andererseits machten sie deutlich, dass dieses Erinnern Verpflichtung für heutiges Handeln ist.

Der anschließende Gedenkmarsch verlief weitgehend ruhig. Am Abzweig zur Schillingstraße erinnerte Dr. Ulrike Schrader, Leiterin der Begegnungsstätte Alte Synagoge, an das Schicksal einer Wuppertaler jüdischen Familie, die den 9. November 1938 in Briefen und Tagebucheintragungen festgehalten hatte.

Bei dieser Ansprache kam es zu einem Zwischenruf, der daran erinnerte, dass Erinnern am 9. November nicht nur Stellung beziehen sollte gegen Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus, sondern auch gegen Homophobie.

Lesben und Schwule wurden während der nationalsozialistischen Diktatur ebenfalls verfolgt. Sie wurden „freiwillig“ zwangssterilisiert, in KZs (homosexuelle Männer zB in Dachau, lesbische Frauen in Ravensbrück) interniert und ermordet. Nach 1945 galt der § 175 für homosexuelle Männer ungebrochen weiter. Vielen Opfern wurde nie Wiedergutmachung zuteil, weil das Unrecht während der NS-Zeit in der Bundesrepublik Deutschland und in der DDR lange weiterhin „Recht“ blieb.

Der § 175 wurde in der Bundesrepublik erst 1994 vollständig gestrichen. Seit 1968 hatte die DDR ein eigenes Strafgesetzbuch, das im § 151 homosexuelle Handlungen mit Jugendlichen sowohl für Frauen als auch für Männer unter Strafe stellte. Dieser Paragraph wurde 1988 ersatzlos gestrichen. Durch die Wiedervereinigung Deutschlands galt somit für Ostdeutschland fünf Jahre lang wieder ein Gesetz gegen Homosexuelle.

Ein vollständiges, wertschätzendes gesamtgesellschaftliches Gedenken gibt es bis heute nicht für Lesben und Schwule!

Einen kleinen Anfang für Wuppertal stellt die Verlegung des ersten Stolpersteins für einen Homosexuellen in Wuppertal dar. Der wegen seiner Homosexualität ermordete Alfred Kremer (03.02.1900-20.01.1941) hatte in der Klotzbahn 12 gelebt und gearbeitet. Am 11. August 1938 kam Kremer in Untersuchungshaft; anschließend wurde er als Homosexueller verurteilt, galt im Sprachgebrauch der Nationalsozialisten als „Berufsverbrecher nach § 175“. 1940 wurde er ins KZ Sachsenhausen deportiert, von da aus kam er ins KZ Dachau, wo er am 20. Januar 1941 starb.

Die private (!) Initiative für diesen Stolperstein hat Jürgen Wenke ergriffen. Der Bochumer (!) ist Mitarbeiter bei der Schwulen- und Lesbenberatung „Rosa Strippe“, die die Patenschaft für den Stolperstein übernommen hat.

Ansprache von Ilka Federschmidt zum Download

http://www.evangelisch-wuppertal.de/cms/media///pdf/ansprache_am_9.11.2011.pdf

Kunstprojekt „Stolperstein“ von Gunter Demnig

http://www.stolpersteine.com/

WZ 09.11.2011 | Patrizia Labus | Erster Stolperstein für homosexuelles Opfer

http://www.wz-newsline.de/lokales/wuppertal/stadtteile/elberfeld-mitte-west/erster-stolperstein-fuer-homosexuelles-opfer-1.814569